Medizintechnik, quo vadis?

etit baut Forschung und Lehre im Zukunftsbereich Medizintechnik aus

2021/11/03 von

Die Verknüpfung von Medizin und Technik birgt immenses Potential für Diagnose- und Behandlungsverfahren. Am Fachbereich etit wird dieser Bereich in Lehre und Forschung gezielt ausgebaut. Im Wintersemester 2018/19 wurde in Kooperation mit der Goethe-Universitäten Frankfurt der Bachelor-Studiengang Medizintechnik ins Leben gerufen. In diesem Wintersemester 2021/22 startete der erste Masterjahrgang.

Auf dem Raumschiff Enterprise gab es sie schon vor Jahren: kleine technische Geräte, sogenannte Tricorder, mit denen sich kontaktlos in Sekundenschnelle Krankheiten und Verletzungen erkennen lassen. Und die diese bestenfalls in ebenso kurzer Zeit direkt heilen können. Dass Science-Fiction richtungsweisend für zukünftige technische Entwicklungen ist, hat sich schon in vielen Bereichen gezeigt. Auch in der Medizin scheint sich dies zu bewahrheiten.

Einen funktionierenden Tricorder hat die Forschung zwar noch nicht hervorgebracht. Die Verknüpfung von Medizin und Technik ermöglicht jedoch schon bald Diagnose- und Behandlungsverfahren, die nahe an einen solches Gerät heranreichen.

Krankheiten früher erkennen und individuell therapieren

Professor Torsten Frosch leitet bei etit das Fachgebiet Biophotonik – Medizintechnik
Professor Torsten Frosch leitet bei etit das Fachgebiet Biophotonik – Medizintechnik

So etwa auf dem Fachgebiet der Biophotonik, an dem Professor Torsten Frosch am Fachbereich etit forscht. „Wir nutzen modernste Methoden der Photonik, einer Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts, um Krankheiten früher zu erkennen, schneller und spezifischer zu diagnostizieren sowie individuell zu therapieren. Dies soll perspektivisch direkt am Patientenbett oder vor-Ort in Arztpraxen ermöglicht werden,“ erklärt der Wissenschaftler.

Im Fokus der Forschung stehen das Design und der Aufbau von miniaturisierten, robusten, biophotonischen Sensorsystemen. Beispiele hierfür sind die patientenindividualisierte Überwachung von Wirkstoff-Spiegeln in Körperflüssigkeiten für das therapeutische Drug-Monitoring, das Erkennen von Krankheitsmarkern mittels Atemgasanalytik oder die Aufklärung molekularer Wirkmechanismen neuartiger Arzneistoffe.

In zehn bis fünfzehn Jahren könnte die Biophotonik die Theranostik revolutionieren. So müssten bei Krebsverdacht keine invasiven Gewebeproben für die Zytologie entnommen werden, sondern der Operateur könnte bei einer endoskopischen Untersuchung direkt molekularspezifisch die Art des Gewebes feststellen – und bei Bedarf bösartiges Gewebe sofort, hochpräzise und wenig invasiv mittels eines Lasers entfernen.

In Arztpraxen könnte es möglich sein, Biomarker aus Körperflüssigkeiten vor-Ort, innerhalb von Minuten zu bestimmen und somit schnell Diagnosen zu stellen. Anhand persönlicher Merkmale könnten bei der Therapie gezielt und personalisiert die korrekten Wirkstoffe und die passende Dosierung bestimmt werden.

Kontaktlos, personalisiert und präventiv

Prof. Hoog Antink leitet das Fachgebiet Künstlich intelligente Systeme der Medizin bei etit
Prof. Hoog Antink leitet das Fachgebiet Künstlich intelligente Systeme der Medizin bei etit

Künstliche Intelligente Systeme der Medizin sind der Forschungsschwerpunkt von etit-Professor Christoph Hoog Antink. „Wir forschen an Technik mit Feingefühl und kombinieren hierzu Verfahren der Signalverarbeitung und des Maschinellen Lernens, um medizinische Daten und Signale zu verarbeiten“, so Hoog Antink. Ziel ist eine kontaktlose Gesundheitsüberwachung mit einer möglichst geringen Beeinträchtigung der Patienten.

Ein wichtiger Kerngedanke ist dabei, Gesundheit als Spektrum zu betrachten: das eine Extrem ist der kerngesunde Mensch, das andere der ernsthaft Kranke. Den dazwischen liegenden Graubereich kann die Medizin von heute aufgrund limitierter Ressourcen weder sehen noch diagnostizieren. „Insbesondere hier sehe ich großes Potential für neue Sensortechnologien und KI. Diese wird die Medizin der Zukunft von gewissen Routinetätigkeiten befreien, personalisieren und präventiver gestalten.“

Starke Verzahnung von Studium und Forschung

Die Studierenden sollen von Anfang an in die sehr anwendungsbezogene Forschung miteinbezogen werden. Erlerntes theoretisches Wissen kann sehr frühzeitig in eigenen Versuchen angewendet werden. Im Rahmen verschiedener Praktika und Qualifizierungsarbeiten können die Studierenden zudem in den Arbeitsgruppen der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler immer wieder im Team an aktuellen Forschungsthemen mitarbeiten.

Angebotene Lehrveranstaltungen

Wintersemester 2021/22

  • Künstlich Intelligenz in der Medizin, Prof. Christoph Hoog Antink
    Maschinelles Lernen und Anwendungen in der Medizin
  • Wettbewerb KI in der Medizin, Prof. Christoph Hoog Antink
    Entwicklung von Algorithmen zur Krankheitserkennung im Team

Sommersemester 2022

  • Grundlagen der Biophotonik, Prof. Torsten Frosch
  • Biomedizinische Technik 1, Prof. Christoph Hoog Antink
    Der menschlichen Körper, Krankheiten und Therapie aus Sicht der Ingenieurin / des Ingenieurs