Simulative und messtechnische Analyse geeigneter Elektrodenkonfigurationen für dielektrische Spektroskopie bis in den MHz-Bereich

Bachelorarbeit

Hintergrund und Motivation

Sowohl in der Hochspannungstechnik als auch in der Leistungselektronik steigen die Anforderungen an Isoliermaterialien zunehmend an. In der Leistungselektronik kann dieser Trend im Wesentlichen durch Wide-Bandgap-Halbleiter begründet werden. Diese erlauben sowohl größere Schaltfrequenzen als auch höhere Anstiegsgeschwindigkeiten, sowie höhere Leistungsdichten. Im Bereich der Hochspannungstechnik sind die zunehmenden Anforderungen auf den steigenden Anteil an leistungselektronischen Komponenten in den Stromnetzen zurückzuführen. Dies hängt bspw. mit der vermehrten Integration von erneuerbaren Energien zusammen. Als Folge dessen kommt es zu hochfrequenten Oberschwingungen im Stromnetz, welche zu einer Verzerrung der Spannungsform führen.

Zusammenfassend ergibt sich somit sowohl für die Leistungselektronik als auch für die Hochspannungstechnik ein ähnlicher Trend. In beiden Bereichen wird eine kombinierte Beanspruchung aus steigenden Feldstärken und steigenden Frequenzen zu einem entscheidenden Bemessungskriterium für die Auslegung von Isoliersystemen. Bisherige Untersuchungen haben gezeigt, dass die in der Isolierung umgesetzten dielektrischen Verluste sowohl mit steigender Feldstärke als auch mit steigender Frequenz zunehmen, was eine Erwärmung der Materialien zur Folge hat. Dadurch steigt sowohl das Risiko für ein Absinken der dielektrischen Festigkeit als auch einer beschleunigten Alterung der Materialien, wodurch ein Isoliersystem ausfallen könnte.

Aus Untersuchungen mit hohen Feldstärken oder hohen Frequenzen sind so genannte Lebensdauerkennlinien verschiedener Materialien (vgl. Abbildung 2) bekannt. Allerdings können diese Kennlinien nicht auf die zukünftigen Beanspruchungen der Isoliermaterialien – nämlich eine kombinierte Belastung aus hoher Feldstärke und hoher Frequenz – übertragen werden.

Abb.2: Schematische Lebensdauerkennlinie (schwarz), sowie ein potenzieller Verlauf bei Belastung mit hochfrequenter Hochspannung (rot)
Abb.2: Schematische Lebensdauerkennlinie (schwarz), sowie ein potenzieller Verlauf bei Belastung mit hochfrequenter Hochspannung (rot)

Um diese Wissenslücke zu schließen, sollen neben praktischen Untersuchungen im Labor, ebenfalls Feldsimulationen für eine detaillierter physikalische Betrachtung durchgeführt werden. Teil der praktischen Untersuchungen ist die Messung der dielektrischen Kenngrößen eines Isoliermaterials (Leitfähigkeit, Permittivität, Verlustfaktor). Dazu sind am Fachgebiet HBA verschiedene Messgeräte vorhanden. Was zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht final geklärt ist, ist welche Elektrodenanordnung sich für Messungen über einen breiten Frequenzbereich am besten eignet. Diese Frage soll im Rahmen dieser Arbeit anhand von Simulationen und anschließender messtechnischer Validierung geklärt werden.

Aufgabenstellung

In einer Vorgängerarbeit wurde bereits ein Simulationsmodell in dem Programm Comsol Multiphysics aufgebaut. Dieses Modell soll nun in dieser Arbeit dazu genutzt werden, die Vor- und Nachteile der verschiedenen Elektrodenanordnungen herauszufinden und mögliche Lösungsansätze zur Minimierung der Messungenauigkeit in der Simulationsumgebung zu überprüfen. Im Anschluss sollen die Ansätze, welche sich in den Simulationen als vielversprechend herausgestellt haben, anhand praktischer Messungen getestet werden. Die Arbeitspakete können wie folgt untergliedert werden:

• Literaturrecherche zu dem Thema (dielektrische Kenngrößen, ihre Abhängigkeit von Temperatur/Feldstärke/Frequenz, Messung dielektrischer Kenngrößen)

• Einarbeitung in das Programm Comsol Multiphysics

• Ausführliche Überprüfung der verschiedenen Ansätze zur Erhöhung der Messgenauigkeit innerhalb des Simulationsmodells

• Überprüfung geeigneter Verbesserungsansätze anhand realer Messungen im Labor

Abb.3: Schnittbild einer elektrisch Simulation der verwendeten Laboranordnung in Comsol Multiphysics (links), sowie die Labo0ranordnung einer PTFE-Probe zwischen zwei Plattenelektroden (rechts)
Abb.3: Schnittbild einer elektrisch Simulation der verwendeten Laboranordnung in Comsol Multiphysics (links), sowie die Labo0ranordnung einer PTFE-Probe zwischen zwei Plattenelektroden (rechts)