Dem Gaffen und Blockieren ein Ende setzen
Bachelor-Student der Mechatronik gewinnt TU Ideenwettbewerb im Bereich Studierende
01.01.2024 von Martina Schüttler-Hansper
Mit Gaffop, einer leicht anzubringenden Anti-Gaffer-Wand, die sowohl Einsatzkräfte als auch Patienten bei Unfällen vor störenden Schaulustigen schützt, erreichte David Weiß im TU Ideenwettbewerb für Studierende den ersten Platz. Ein Stipendium der Thomas Weiland-Stiftung unterstützt ihn bei der Verwirklichung seiner innovativen Projekte. Als Mitbegründer von thinc! Darmstadt teilt er sein Wissen und seine Begeisterung für Entrepreneurship zudem mit gleich gesinnten Studierenden.
Seit dem Wintersemester 2022/23 studiert David Weiß Mechatronik an der TU Darmstadt. Schon während seiner Schulzeit interessierten ihn mechatronische Systeme. Insbesondere Systeme und Arbeitsmittel, die die Arbeit von Rettungskräften unterstützen und verbessern, haben es der ehrenamtlichen Einsatzkraft angetan. „Mit 17 Jahren hatte ich meinen ersten Einsatz als Einsatzkraft. Wir fuhren mit dem Einsatzfahrzeug los – wir haben ein großes Einsatzgebiet – und landeten wegen einer Baustelle im Stau. Über Funk hörten wir, dass Taucher gebraucht werden. Weil die Rettungswege blockiert waren, kamen wir nicht schnell genug an die Unglücksstelle“, erklärt Weiß.
Die Begeisterung für den Rettungsdienst und seine Erfahrung als Einsatzkraft bei der DLRG Lampertheim motivierten ihn zu seiner ersten Teilnahme bei „Jugend forscht“. „Nach diesem erschreckenden Erlebnis begann ich, eine Kamera zu entwickeln, die Rettungsgassenblockierung erkennt. Für meine Idee wurde ich beim Bundeswettbewerb ‚Jugend forscht 2021‘ mit einem Sonderpreis ausgezeichnet.“
2022 folgte die zweite Teilnahme am Bundeswettbewerb „Jugend forscht“. Seine Projektidee: Gaffop – ein Saugnapf, der auf verschiedenen Oberflächen, etwa Asphalt, hält und mit dessen Hilfe sich eine neuartige Anti-Gaffer-Wand realisieren lässt.
„Grundsätzlich ist eine Anti-Gaffer-Wand eine Sichtschutzwand, die Menschen davon abhält, an Unfallstellen zu schauen“, beschreibt der 20-Jährige. “Gaffen ist menschlich. Ich schaue auch. Es ist aber wichtig, dass die Menschen auch wieder wegschauen.“ Unglücksstellen zu fotografieren oder zu filmen sowie Rettungskräfte zu behindern, geht zu weit und kann in Deutschland bestraft werden. Wird aus Gaffen Beleidigen oder sogar ein tätlicher Angriff, ist das eine zusätzliche Belastung für die Einsatzkräfte.
Grundsätzlich ist eine Anti-Gaffer-Wand eine Sichtschutzwand, die Menschen davon abhält, an Unfallstellen zu schauen.
Die mobil einsetzbare und patentierte „Emergency Lane Camera“ (ELC) ruht im Moment, an Gaffop arbeitet der junge Mann aber auch während seines Studiums an der TU Darmstadt weiter. Möglich macht das auch ein Stipendium der Thomas Weiland-Stiftung. „Ein Start-up ist sehr teuer. Durch meine Teilnahme am Bundeswettbewerb ‚Jugend forscht‘ konnte ich mich für das Stipendium der Stiftung bewerben. Und da ich noch zu Hause in Lampertheim wohne, kann das Geld in meine Projekt-Entwicklung fließen.“
Die finanzielle Förderung über das Stipendium ist ein Vorteil, ein weiterer die Unterstützung in Form von regelmäßigen Treffen: einerseits Stammtische, andererseits Seminare oder Vorträge zu verschiedenen Themen. 2023 organisierte die Stiftung für die Stipendiatinnen und Stipendiaten ein Seminar unter der akademischen Leitung von Professorin Carolin Bock vom Fachgebiet Entrepreneurship.
„Am Anfang gab es Vorträge von Professoren zu verschiedenen Berufswegen, die man nach dem Studium einschlagen kann. Also eine Karriere in der Wirtschaft oder eine Hochschulkarriere“, sagt Weiß. „Das fand ich sehr interessant, und eigentlich sollte jeder Studierende so eine Veranstaltung zu Beginn seines Studiums hören. Danach gab es noch das Entrepreneurship-Projekt. Wir beschäftigten uns damit, wie man ein Projekt aufbaut, wir entwickelten einen Prototyp und pitchten unsere Ideen. Dabei unterstützten uns Frau Bock und ihr Fachgebiet. Es war ein tolles Seminar und man konnte einiges mitnehmen, auch wenn das Thema Entrepreneurship sicher nicht für jeden von uns etwas ist.“
Erster Platz in der Kategorie Studierende
Auch beim überzeugte Weiß mit Gaffop. Mitte Oktober belegt er den ersten Platz in der Kategorie Studierende. „Die von mir entwickelte Sichtschutzwand hält Menschen davon ab, an Unfallstellen zu schauen oder hinzugehen. Sie reduziert zudem die Entstehung von Staus“, erklärt er. „Meine Wand ist modular konzipiert. Die einzelnen Module lassen sich einfach miteinander verbinden, sodass entlang des ganzen Staus eine durchgehende Wand entsteht. Sehen Autofahrer nichts von einem Unfall, läuft der Verkehr flüssiger. Weniger Stau bedeutet zudem, dass Rettungsgassen besser gebildet werden können und Einsatzkräfte besser an Unfallorte gelangen.“ TU-Ideenwettbewerb
Weiß studiert gerne Mechatronik an der TU Darmstadt. „In der Schule habe ich immer gesagt, ich möchte das Studium abbrechen“, schmunzelt der junge Mann. „Denn das würde bedeuten, mein Start-up läuft gut. Mittlerweile sehe ich das anders. Auch weil ich weiß, dass eine Erfindung plötzlich nichts mehr wert sein kann. Ich lerne an der TU sehr viel, auch das Studium Generale finde ich interessant. Am liebsten würde ich schon in zwei, drei Masterkurse reinschauen. Zeitlich ist das aber schwierig. Ich plane, während meines Studiums zu gründen und habe einige Posten bei thinc! und der DLRG.“
Eine erste Gründung ist dem Studenten im laufenden Semester bereits gelungen. Er ist Mitgründer von thinc! Darmstadt: einer studentischen Initiative für Entrepreneurship mit dem Ziel, innovatives Denken zu fördern und junge Gründerinnen und Gründer auf ihrem Weg zu unterstützen.
Thomas Weiland-Stiftung an der TU Darmstadt
Seit 2014 vergibt die Stipendien für Bachelor- und Masterstudierende. Gefördert wird der wissenschaftliche Nachwuchs in MINT-Fächern, also Fächern mit Bezug zu Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik. Monatlich wird ein Betrag von 750 Euro gewährt. Bachelorstudierende erhalten die Förderung für sechs Semester, Masterstudierende für vier Semester. Thomas Weiland-Stiftung
Die Thomas Weiland-Stiftung förderte bislang rund 100 Stipendiatinnen und Stipendiaten. Zuletzt vergab die Stiftung etwa 20 Stipendien pro Jahr.
Voraussetzungen für ein Stipendium
Hervorragende Abiturientinnen und Abiturienten, die sich an der TU Darmstadt in Studiengänge mit MINT-Bezug einschreiben, können sich fördern lassen. Ferner exzellente Bachelorstudierende, die an der TU Darmstadt einen Masterstudiengang mit MINT-Bezug absolvieren möchten.
Seit 2021 bietet die Thomas Weiland-Stiftung in Kooperation mit der Stiftung Jugend forscht e. V. zudem ein vereinfachtes Bewerbungsverfahren für Alumni von „Jugend forscht“. „Herr Weiland nahm selbst einige Mal erfolgreich an ‚Jugend forscht‘ teil. Deshalb wollte er für Alumni von ‚Jugend forscht‘ eine eigene Förderung anbieten“ erklärt Karl Ulrich Saß, Vorstand der Stiftung. Alle, die erfolgreich an einem Wettbewerb teilgenommen haben, können sich über das vereinfachte Verfahren bewerben.
Zusätzliche Förderung von Entrepreneurship
Vor kurzem entschloss sich die Stiftung zu einer weiteren Förderung, nämlich von Entrepreneurship im MINT-Bereich. In Kooperation mit HIGHEST – dem Innovations- und Gründungszentrum der TU Darmstadt – stellte die Stiftung beim TU-Ideenwettbewerb einen Sonderpreis Wissenschaft zur Verfügung. Dieser honoriert wissenschaftlich originelle und fundierte Ideen im MINT-Bereich, die eine signifikante Neuerung darstellen und hohes Anwendungspotential haben. „Der Grundgedanke ist, Wissenschaftler zu Gründungen zu motivieren. Unsere Förderung findet zu einem Zeitpunkt statt, an dem die Wissenschaftler möglicherweise selbst noch nicht an eine Vermarktung ihrer Ideen denken“, beschreibt Saß und fügt an: „Die Idee für den Sonderpreis orientiert sich daran, dass Professor Weiland auch zunächst wissenschaftlich fundiert einen Ansatz erforschte – nämlich die Finite Integrationstheorie – und auf dieser wissenschaftlichen Fundierung beruhend eine technologische und wirtschaftlich erfolgreiche Anwendung, die entsprechende Simulationssoftware, entwickelte.“
Professor Thomas Weiland war unter anderem Professor an der TU Darmstadt, am Fachbereich Elektrotechnik und Informationstechnik im Fachgebiet „Theorie Elektromagnetischer Felder“. Für die Finite Integrationstechnik bekam er 1988 die höchste deutsche Wissenschaftsauszeichnung, den Leibniz-Preis. Mit der CST AG gründete er einen der größeren Arbeitgeber in Darmstadt und formte sie zu einem namhaften Unternehmen in der ingenieurtechnischen Simulationssoftware.
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