Ultraschall lenkt Laser ab

Potenzial zur Revolutionierung der Hochleistungsoptik

24.10.2023 von

Mit einem neuartigen Verfahren lassen sich Laserstrahlen berührungsfrei in der Luft ablenken. Das dabei eingesetzte unsichtbare optische Gitter aus Luft ist nicht nur immun gegen Beschädigungen durch den Laserstrahl, sondern erhält auch dessen Strahlqualität, wie das interdisziplinäre Forschungsteam im Fachblatt „Nature Photonics“ berichtet.

Manipulation von Licht mit Ultraschall. Bild: DESY, Science Communication Lab

Eine Zusammenarbeit zwischen dem etit-Fachgebiet Mess- und Sensortechnik, dem Deutschen Elektronen-Synchrotron (DESY), der Hochschule Aalen, der Universität Hamburg, der Inoson GmbH in St. Ingbert und des Helmholtz-Instituts Jena hat zu einem bemerkenswertem Fortschritt auf dem Gebiet der optischen Manipulation geführt: Die innovative Technik nutzt Schallwellen, um die Luft in dem Bereich zu modulieren, den der Laserstrahl durchkreuzt.

„Wir erzeugen ein optisches Gitter mit Hilfe akustischer Dichtewellen“, erläutert Hauptautor Yannick Schrödel, Doktorand beim DESY und am Helmholtz-Institut Jena. Mit Hilfe starker Ultraschallwandler prägen die Forscherinnen und Forscher ein Streifenmuster aus dichteren und weniger dichten Bereichen in die Luft. Ähnlich wie unterschiedlich dichte Luftschichten auch in der Erdatmosphäre Licht ablenken, übernimmt das Dichtemuster in der Luft die Funktion eines optischen Gitters, das den Laserstrahl beugt. „Die Lichtablenkung per Beugungsgitter erlaubt allerdings eine viel präzisere Kontrolle des Laserlichtes im Vergleich zur Ablenkung in der Erdatmosphäre“, betont Schrödel. „Die Eigenschaften des optischen Gitters lassen sich über die Frequenz und die Intensität, also die Lautstärke, der Schallwellen beeinflussen.“

Hoher Schalldruckpegel entscheidend

„Dank der guten interdisziplinären Forschung konnten wir die akustooptische Modulation in Luft bereits bei unserer ersten Messkampagne im Laserlabor vom DESY nachweisen“, erklärt Claas Hartmann, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachgebiet Mess- und Sensortechnik. „Die größte Herausforderung auf der akustischen Seite war, den hohen Schalldruckpegel von 140 Dezibel bei einer Frequenz von 500 Kilohertz in Luft zu erreichen. Der extra dafür in Kooperation mit der Inoson GmbH entwickelte akustische Wandler und unsere Steuerelektronik sind in der Lage, das benötigte akustische Feld zu generieren. Weitere Optimierungen der Komponenten und des Aufbaus ermöglichen es uns, Laser mit extremen Peakleistungen von 20 Gigawatt in Luft abzulenken, was bisher nicht möglich war.“

Diese Technologie hat das Potenzial, die Hochleistungsoptik zu revolutionieren. In Labortests konnte bereits ein starker Infrarot-Laserpuls mit einer Effizienz von 50 Prozent abgelenkt werden. Die Forscher arbeiten daran, noch höhere Effizienzen zu erreichen. Dieser Durchbruch ist besonders wichtig, da Laser dieser Leistungsklasse in Bereichen wie der Materialbearbeitung, Fusionsforschung und Teilchenbeschleunigern eingesetzt werden, wo herkömmliche optische Elemente leicht beschädigt werden und die Strahlqualität beeinträchtigt wird.

Auch auf andere optische Elemente übertragbar

Die Wissenschaftler betonen, dass die akustische Kontrolle von Laserlicht in Gasen nicht auf das Erzeugen optischer Gitter beschränkt ist, sondern voraussichtlich auch auf andere optische Elemente wie Linsen und Wellenleiter übertragbar sein wird. Die Zusammenarbeit mit dem Fachgebiet Mess- und Sensortechnik am Fachgebiet Elektrotechnik und Informationstechnik der Technischen Universität Darmstadt spielt eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung dieser Technologie.

„Wir haben seit langem über diese Methode nachgedacht und schnell festgestellt, dass extreme Schallpegel notwendig sind. Diese schienen zunächst technisch nicht realisierbar“, erläutert Heyl. „Wir haben aber nicht so schnell aufgegeben und schließlich mit Unterstützung von Forschern des Fachgebietes Mess- und Sensortechnik, darunter Claas Hartmann, Mathias Rutsch, Sven Suppelt, Jan Helge Dörsam und Prof. Dr. mont. Mario Kupnik, sowie des Unternehmens Inoson eine Lösung gefunden. Zunächst haben wir unsere Technik in Raumluft ausprobiert, als nächstes werden wir auch andere Gase einsetzen, um beispielsweise andere Wellenlängen sowie andere optische Eigenschaften und Geometrien zu erschließen.“

Schneller Schalter für Hochleistungslaser

Die bereits gezeigte Lichtablenkung direkt in Umgebungsluft eröffnet vielversprechende Anwendungen, insbesondere als schneller Schalter für Hochleistungslaser. „Das Potenzial der berührungslosen Kontrolle von Licht und deren Erweiterung auf andere Anwendungen lässt sich derzeit nur erahnen“, erläutert Heyl. „Die moderne Optik beruht fast ausschließlich auf der Interaktion von Licht mit fester Materie. Unser Ansatz eröffnet eine völlig neue Richtung.“

Die innovative Technik wird im Rahmen des Forschungsprojektes SOPHIMA – Sono-Photonik in Metafluiden entwickelt. Finanziert wird das Forschungsprojekt von der Carl Zeiss Stiftung.

Originalveröffentlichung

Acousto-optic modulation of gigawatt-scale laser pulses in ambient air; Yannick Schrödel, Claas Hartmann, Tino Lang, Jiaan Zheng, Max Steudel, Matthias Rutsch, Sarper H. Salman, Martin Kellert, Mikhail Pergament, Thomas Hahn-Jose, Sven Suppelt, Jan Helge Dörsam, Anne Harth, Wim P. Leemans, Franz X. Kärtner, Ingmar Hartl, Mario Kupnik, Christoph M. Heyl; „Nature Photonics“, 2023; DOI

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Illustration der Ablenkung von Laser durch Ultraschall

Video: DESY, Science Communication Lab