Technologischer Wandel im Stromnetz
Konzepte für ein stabiles und flexibles Energieversorgungsnetz der Zukunft
25.05.2023 von Aaron Hebing / sas
Um die Klimaziele zu erreichen, müssen die konventionellen Kraftwerke durch Anlagen mit erneuerbaren Energien ersetzt werden. Dadurch erfährt das elektrische Energieversorgungsnetz einen drastischen Wandel. Zum einen müssen die neuen Anlagen in das elektrische Energieversorgungsnetz integriert werden, zum anderen werden Flexibilitäten benötigt, um auf die volatile Einspeisung von Solar- und Windenergie reagieren zu können.
Für den stabilen Betrieb des Stromnetzes werden vor allem drei Dinge benötigt: Ein starkes Übertragungsnetz, das die Leistung effizient über lange Strecken transportieren kann, ein Verteilnetz, das die Leistung der Anlagen mit erneuerbaren Energien, kurz EE-Anlagen einsammelt und regional in die Ortschaften zu den Verbrauchern bringt. Und: Beide Netze, Übertragungs- und Verteilnetz, müssen flexibel auf Erzeugungs- und Lastschwankungen reagieren können – und hierbei Stabilität einhalten. Das unter Leitung von Frau Professorin Jutta Hanson forscht gleich auf allen dieser drei Gebieten. Fachgebiet Elektrische Energieversorgung unter Einsatz Erneuerbarer Energien (E5)
Neue Übertragungstechnologie gegen Stromausfälle
Zur weiträumigen Übertragung elektrischer Leistung von großen Solar- oder Windparks hin zu Gebieten mit hohem Verbrauch wird sich eine neue Technologie etablieren, die das bestehende Hochspannungs-Drehstrom-Übertragungsnetz (HDÜ) bei dem Leistungstransport unterstützt: Die Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung, kurz HGÜ, wird eingesetzt, um Korridore mit einer geregelten Leistungsübertragung zu schaffen. Neben der Leistungsregelung stellt die Frequenzregelung der HGÜ eine weitere Eigenschaft dar, die im zukünftigen elektrischen Energieversorgungsnetz einen stabilen Betrieb ermöglichen kann. Eine innovative Frequenzregelung wird benötigt, da durch den Wegfall der konventionellen Kraftwerke mit ihrer Massenträgheit Leistungsungleichgewichte im elektrischen Energieversorgungsnetz schneller bzw. anders als bisher ausgeregelt werden müssen.
Prof. Dr.-Ing. Jutta Hanson
Das Erreichen der Klimaziele bedeutet für das elektrische Energieversorgungsnetz einen Paradigmenwechsel. Neben der Integration volatiler Einspeisungen aus erneuerbaren Energien in das Verteilnetz- und Übertragungsnetz sind die bisher unabhängigen Energiesektoren (Wärme, Mobilität, Gas) mit dem elektrischen Energieversorgungsnetz zu koppeln.
Erzeugungsschwerpunkte fernab von den Verbrauchern erfordern außerdem mögliche Netzauftrennungen, die sogenannten System-Splits. Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung kann zu einem stabilen Weiterbetrieb der nach der Netzauftrennung vorhandenen asynchronen Netzinseln beitragen, indem sie einen geregelten Leistungsfluss zwischen diesen Inseln gewährleistet. Somit sind HGÜ-Systeme in der Lage, großflächige Stromausfälle zu verhindern.
Geänderte Lastsituationen in Verteilnetzen
Auch das Verteilnetz erfährt große Veränderungen: Durch den steigenden Anteil von erneuerbaren Energien und der verstärkten Elektrifizierung im Verkehrs- und Wärmesektor liegen stark geänderte Lastsituationen vor. Um den Betrieb der Verteilnetze ohne Grenzwertverletzungen zu ermöglichen, bedarf es daher neben gezielten Ausbaumaßnahmen neue Konzepte für den Netzbetrieb. Netzdienliche Betriebs- und Regelkonzepten für die im Verteilnetz angeschlossenen Erzeugungsanlagen gewährleisten hier weiterhin einen stabilen und sicheren Betrieb.
Flexibilität um Potenzial erneuerbarer Energien auszuschöpfen
Eine weitere Herausforderung für das elektrische Energieversorgungsnetz: EE-Anlagen, und hier vor allem Anlagen mit Solar- und Windenergie, weisen eine volatile Leistungseinspeisung auf. Im Stromnetz muss jedoch zu jedem Augenblick ein Leistungsgleichgewicht vorliegen. Dies erfordert Flexibilitäten, die letztendlich dazu beitragen, dass das gesamte Potenzial der erneuerbaren Energien ausgeschöpft werden kann.
Eine Möglichkeit, lokale Leistungsüberschüsse zu nutzen, ist die bislang nicht angewandte direkte Kopplung benachbarter Verteilnetze. Hierfür können, vergleichbar zur HGÜ im Übertragungsnetz, leistungsflussregelnde Betriebsmittel, sogenannte „Unified-Power-Flow-Controller“ (UPFC) eingesetzt werden.
Fachgebiet Elektrische Energieversorgung unter Einsatz Erneuerbarer Energien (E5)
Das Fachgebiet E5 erforscht die im Artikel beschriebenen Fragestellungen mit Hilfe der mathematischen Modellierung elektrischer Energieversorgungsnetze unter Nutzung von Simulationsprogrammen wie Matlab/Simulink, PowerFactory, PandaPower, oder ähnlichen. Im Fokus stehen neue Regelungskonzepte für ein stabiles und flexibles elektrisches Energieversorgungsnetz der Zukunft, welches aus erneuerbaren Energien versorgt wird.
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