Regional erzeugt, regional verbraucht
Forschungsprojekt verbessert die regionale Ökostromverteilung
03.05.2023 von entega AG / sas
Im Rahmen des Projektes Grid4Regio haben Forscherinnen und Forscher des Fachgebietes Elektrische Energieversorgung unter Einsatz Erneuerbarer Energien (E5) gemeinsam mit der e-netze Südhessen und der Hochschule Darmstadt ein neues Energiemanagementkonzept entwickelt: Der Strom wird nicht wie bisher üblich über die überregionalen Stromtrassen verteilt, sondern möglichst direkt vor Ort verbraucht – und so die Energiewende auf Ebene der regionalen Stromnetze vorangetrieben.
Wenn Ökostrom nicht mehr über lange Strecken transportiert werden muss, sondern am Erzeugungsort verbraucht werden kann, ist das ein entscheidender Schritt in Richtung Energiewende. Denn: Die verstärkte regionale Nutzung von Ökostrom, entlastet die ohnehin immer mehr ausgelasteten überregionalen Stromtrassen und verringert Netzverluste. Außerdem verhindert es die teilweise Abschaltung von regenerativen Erzeugungsanlagen, wenn der in der Region produzierte Ökostrom den Verbrauch in der Region übersteigt.
Sicherer und zuverlässiger Netzbetrieb
Am Fachgebiet E5 führten die Wissenschaftler:innen die für eine erfolgreiche Projektumsetzung erforderlichen theoretischen Untersuchungen und Netzberechnungen durch. Basierend auf den Ergebnissen konnten Kriterien und daraus wiederum Anwendungsfälle definiert werden, welche einen sicheren und zuverlässigen Netzbetrieb gewährleisten.
Aktuell funktioniert Stromverteilung nach folgendem Prinzip: Übersteigt die Einspeiseleistung etwa eines Windparks die benötigte Verbrauchsleistung im regionalen Mittelspannungsnetz, wird der überschüssige Strom automatisch in das überregionale Hochspannungsnetz eingespeist – und weiterverteilt. Warum nicht erstmal die Verbraucher in der Region selbst bedienen, ohne den Umweg über das überregionale Netz?
Umschaltempfehlungen für Verteilung vor Ort
Anhand der vorhandenen Infrastruktur und der Flexibilitätspotentiale in den benachbarten Mittelspannungsnetzen untersuchten die Wissenschaftler:innen verschiedene Szenarien, wie die in der Region erzeugte regenerative Energie bei Bedarf mit Hilfe von Umschaltempfehlungen neu verteilt werden kann. Ziel: Die Topologie von benachbarten regionalen Mittelspannungsnetzen je nach Stromangebot zu ändern.
Prof. Dr.-Ing. Jutta Hanson
Um die Klimaziele zu erreichen, muss die Energiewende beschleunigt werden. Wir müssen nicht nur unsere Netze verstärken, sondern auch vorhandene Potenziale nutzen. In Grid4Regio zeigen wir, dass durch einfache Netztopologie-Änderungen mehr erneuerbare Energien in das elektrische Energieversorgungsnetz integriert werden können. Dies beschleunigt die Umsetzung der Energiewende und entlastet den Endverbraucher sowie den Netzbetreiber.
Dazu musste insbesondere die Stromflussrichtung erfasst und analysiert werden. Die Ergebnisse aus dem Projekt Grid4Regio zeigen, dass ein netzdienlicher Flexibilitätseinsatz von Erzeugern, Speichern und Lasten volkswirtschaftlich sinnvoll ist.
Theorie im Praxistest
Diese theoretischen Erkenntnisse können jetzt auch in der Praxis umgesetzt werden. Für die Region Babenhausen / Groß-Umstadt wurde eine Umsetzungsstrategie entwickelt und analysiert, welche im Anschluss in einem Feldtest erfolgreich eingesetzt und bewertet werden konnte. Konkret heißt das, dass zum Beispiel überschüssige Energie vom Windpark Binselberg gezielt in die Solarsiedlung in Groß-Umstadt/Richen beziehungsweise in ein Wohngebiet in Babenhausen umgeleitet wird – regional erzeugt, regional verbraucht.
Grid4Regio
Im Rahmen des Forschungsprojektes Grid4Regio wurde ein neues Energiemanagement entwickelt, mit dem in der Region erzeugte regenerative Energie vor Ort verbraucht wird – und dadurch die Energiewende auf der Ebene der Stromnetze entscheidend vorangebracht wird. Projektpartner sind die e-netze Südhessen, die TU Darmstadt und die Hochschule Darmstadt. Vom Fachbereich Elektrotechnik und Informationstechnik (etit) ist das Fachgebiet E5 von Frau Professorin Jutta Hanson maßgeblich an der Entwicklung beteiligt. Das Projekt wird vom Land Hessen und der Europäischen Union gefördert.