„Pflegen Sie die Kontakte zu Mitstudierenden"
Interview mit Dekan Prof. Dr.-Ing. Abdelhak Zoubir
02.02.2021 von Sebastian Stamm
Zum Wintersemester 2020/2021 wurden am Fachbereich etit neue Dekane gewählt. Dekan Prof. Dr.-Ing. Abdelhak Zoubir übernimmt für zwei Jahre die Leitung des Fachbereichs zusammen mit Prodekan Prof. Dr.-Ing. Marius Pesavento und Studiendekan Prof. Dr.-Ing. Harald Klingbeil. In einer kleinen Interviewserie stellen wir den Studierenden die neuen Dekane vor, damit diese wissen, wer die nächsten zwei Jahre ihren Studienalltag maßgeblich mitgestaltet.
Nach seiner Zeit als Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität in Bochum zwischen 1987 und 1992 ging Abdelhak Zoubir nach Australien an die Queensland University of Technology. Dort war er bis 1999 Associate Professor. Danach wechselt er an die Curtin University, an welcher er Professor für Nachrichtentechnik wurde. Seit 2003 ist er Professor und gleichzeitig Fachgebietsleiter der Signalverarbeitung an der TU Darmstadt. In dem letzten Teil der Interviewreihe schildert der Dekan seine Begeisterung für das Forschungsgebiet der Signalverarbeitung und erklärt die Ziele, welche er sich für seine Amtszeit gesteckt hat.
Sehr geehrter Herr Professor Zoubir, welche Ziele haben Sie sich für ihre Amtszeit gesteckt?
Es sind einige Professuren neu zu besetzen. Ich freue mich, an diesem Prozess als Dekan teilzunehmen und die Berufung bester Köpfe und bessere Diversität zu ermöglichen. Die Forschungsstrategie am Fachbereich wird zurzeit verfeinert, so dass die Forschung der kommenden Jahre zukunftsträchtige Themen einschließen wird. Diese soll ein wichtiger Baustein der Forschungsstrategie der TU Darmstadt werden. Wichtig für mich ist es auch, dass die Kommunikation im Fachbereich intensiviert wird. Diese wird unabdingbar sowohl für ein exzellentes Klima als auch für Kooperationen sein, zum Beispiel um in der Beantragung von großen Forschungsvorhaben erfolgreich zu sein. Auch eine exzellente Kommunikation mit anderen Fachbereichen sowie mit dem Präsidium ist ein weiteres gesetztes Ziel. Ein Aspekt, der mir am Herzen liegt, ist das internationale Ranking der Technischen Universität Darmstadt. Ich möchte im Fachbereich dazu beitragen, dass die TU Darmstadt als Institution im Ranking nach oben rückt. Dies würde die bereits exzellente Internationalisierung an der TU Darmstadt noch weiter stärken.
Wie schaffen Sie es, die zusätzlichen Aufgaben, die mit Ihrem Amt auf Sie zukommen, mit Ihren Lehr- und Forschungsaufgaben zu vereinen?
Ich habe den Job des Dekans bereits von 2012 bis 2014 gemacht. Damals war ich der Sprecher und Koordinator des LOEWE-Schwerpunkts „Cooperative Sensor Communication (COCOON).“ Es war eine Herausforderung, das Niveau der Lehre, Forschung und Koordination hochzuhalten. Es gibt hierzu kein Geheimnis, nur gutes Zeitmanagement.
Apropos Forschung: Was fasziniert Sie so an dem Gebiet der Signalverarbeitung, dass Sie sich entschieden haben, darin zu forschen?
Signalverarbeitung ist ein Querschnittsgebiet. Obwohl mein Fachgebiet Teil des Instituts für Nachrichtentechnik ist, könnte es genauso gut Teil eines anderen Instituts im Fachbereich etit oder in einem anderen Fachbereich sein. Die Vielfalt und Interdisziplinarität der Probleme macht Signalverarbeitung so interessant. Bereits als Doktorand befasste ich mich mit einem Problem das konventionell außerhalb der Elektrotechnik und Informationstechnik liegt, nämlich Klopfen in Ottomotoren. Ziel in meiner Promotionsarbeit war es, die besten Positionen für Körperschallsensoren auf dem Motorblock für die Detektion von Klopfen zu ermitteln. Ohne eine tiefe und grundlegende Theorie, insbesondere in der Statistik, kann man so schwere praktische Probleme nicht angehen und lösen. Das gilt genauso für die aktuellen Themen der Medizintechnik in meinem Fachgebiet, das heißt, wie man aus einfachen und verrauschten photoplethysmographischen Signalen (entnommen aus einer Smartwatch) robuste Signalverarbeitungsverfahren entwickelt, die es ermöglichen, die arterielle Steifigkeit, die Herzratenvariabilität oder den Blutdruck zu ermitteln. Dazu braucht man unter anderem ein tiefes Verständnis der robusten Statistik.
Wie beeinflusst die Coronakrise ihre Arbeit als Dekane und den Forschungsalltag an der TU Darmstadt?
Die Online-Arbeit ist anstrengender als Präsenzarbeit. Man verbringt viel mehr Zeit vor dem Bildschirm und man wird schneller müde, vor allem die Augen können irgendwann nicht mehr. Als Professor oder Professorin ist man gewohnt bis spät in die Nacht zu arbeiten. Mir fehlt insbesondere der Kontakt mit Kolleginnen und Kollegen. Die Sitzungen, sei es mit dem Präsidium, mit dem Senat oder mit anderen Dekaninnen und Dekanen, sind gänzlich anders. Berufungsgespräche und Berufungsverhandlungen finden momentan nur online statt. Die wichtige Komponente des „Body Language“ fehlt einfach. Hinzu kommt das Unterschreiben der Zeugnisse für Absolventinnen und Absolventen. Man kann nicht einfach zum Dekanatsgebäude laufen und die Unterschriften setzen, etwas Organisatorisches mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Dekanat besprechen und dann zurück zum Büro laufen. Alle Gespräche müssen terminiert werden, ad-hoc geht im Moment fast nichts. Vieles verlangt neue Wege und Methoden. Das, was mir am meisten fehlt, ist das persönliche Auftreten in der Vorlesung. Mit einer Aufzeichnung (nur Ton) kann man nur schwer die Studierenden motivieren und begeistern. Anders ist es, wenn ich mich im Hörsaal ständig bewege, mit Studierenden interagiere, Fragen stelle und auf Antworten warte, usw. Die Praktika können nicht mehr in den Laboren durchgeführt werden, was schade ist, denn die Studierenden können nicht selbst die Daten aufzeichnen, sondern laden diese nur in Moodle herunter. In der Forschung ist es auch anders. Online Doktorprüfungen, Konferenzen oder Gespräche mit Kolleginnen und Kollegen aus anderen Institutionen tragen nicht die gleichen Früchte wie mit Präsenz.
Was wollen Sie den Studierenden noch für dieses besondere Semester mit auf den Weg geben?
Bitte fokussieren Sie sich in einem Online-Studium auf das Positive. Machen Sie es sich bewusst, was man heute zur Verfügung hat, nämlich für fast jedes Fach eine Vorlesungsaufzeichnung. Man kann zurückspulen und besser verstehen, was die Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer oder WiMis erklären. Versuchen Sie kreativ zu sein. Tun Sie Dinge online, die Sie sonst nur in Präsenz kennen, zum Beispiel Schachspielen, Sport, Unterhaltung. Es gibt viele Möglichkeiten, digital etwas zu unternehmen. Das Allerwichtigste ist der Kontakt zu Mitstudierenden. Dieser darf nicht abgebrochen werden. Sie können diesen auch online pflegen.
Herzlichen Dank für Ihre Antworten und dass Sie sich die Zeit für dieses Interview genommen haben!